Es war der vierte Tag den sie nun schon unterwegs waren und diesmal schien es schnell zu gehen. Konrad, ein meldorianischer Bandit und seine Bande hatten einen Fehler gemacht und für James war es einfach gewesen, sie zu finden. Die Soroja hatte sie bald eingeholt und jagte sie nun durch die Ringe eines unbekannten Planeten. Die Ringe bestanden aus Felsbrocken, teilweise so groß wie ganze Häuser. Das System kannte niemand von ihnen, bewohnt war es nicht, Raumstationen gab es nicht, Schiffe kamen hier wohl niemals vorbei. Ideal als Basis für einen Banditenbande wie die von Konrad. Alyson hatte aber alle Hände voll zu tun, nicht in den Ringen zu zerschellen, während ihr Onkel James Kommandos bellte.
"Pass auf, wohin du fliegst, mein Bruder reißt mir den Kopf ab, wenn dir was passiert.", meckerte James seine Nichte an, meinte es aber nicht so ernst, wie es sich vielleicht anhörte. So gut wie sie navigieren konnte, so wild flog sie auch und hatte dabei sichtlich Spaß.
James gefiel das nicht immer, aber es gab keine bessere als Alyson, die mit der Soroja zurecht kam. "Sie fliegen auf ein Trümmerfeld zu, direkt oberhalb der Ringe... Sieht aus, als wenn da irgendwer nicht aufgepasst hat."
"Oder nach einem Kampf.", warf James auf Jay Jays Bemerkung ein. Der Techniker stand mit auf der Brücke und sah zu, wie Alyson durch die Trümmer jagte, immer knapp hinter dem Schiff von Konrad. Dieser kannte sich hier aber aus, wusste wie er fliegen musste, um seinen Häschern zu entkommen. Die Soroja jagte gerade erneut durch einen der Ringe, stieß durch ihn hindurch, sackte nach rechts weg und schien als wenn sie auf den Ring zurückfiel, rollte sich um die eigene Achse bis Alyson die Triebwerke voll aufdrehte, das Schiff abfing und wenige Meter über den Ring dem Schiff von Konrad hinterherjagte.
Konrad tauchte erneut ab in einen der Ringe, flog waghalsige Manöver aber die siebzehnjährige Navigatorin blieb dran, ließ sich einfach nicht abschütteln. "Warum schießen wir nicht einfach?"
"Weil wir sie kaum treffen würden hier drin.", meinte James auf die Frage von Jack. Damit hatte er recht. Konrad wusste das und flog so, das er sich sicher sein konnte, das Schüsse auf ihn sinnlos waren.
Konrad flog weiter auf das Trümmerfeld zu, dabei eine Schleife und einen Haken nach dem anderen machend, die Soroja im Nacken. Erneut stieß Konrad durch den Ring, dicht vorbei an einem großen Felsbrocken der um sich selbst rotierte, flog in einer dichten Kurve und sank sofort wieder ab und verschwand hinter dem Brocken. Alyson folgte ihm, aber Konrad wusste etwas, was Alyson nicht wusste. Direkt hinter dem Felsbrocken, schwebte ein anderer, sehr viel kleinerer. Eine kleine Kurskorrektur reichte aus, und man verfehlte ihn. Wusste man aber nicht, dass dort ein weiterer Brocken war, so hatte man keine Zeit, diesem auszuweichen. Hastig versuchte die siebzehnjährige noch das Steuer rum zu reißen, doch schaffte es nicht. Die Soroja kollidierte mit dem Felsbrocken, der einen Durchmesser von zwei Metern hatte. Der Aufprall verursachte ein gequältes Stöhnen der Außenhülle, bevor sie aufriss und etliche Alarmsignale und das dumpfe Pochen von schließenden Sicherheitsschotts an ihre Ohren drangen. Die Wucht des Aufpralls und die Entweichenden gase ließen die Soroja aus dem Felsenmeer heraus trudelte, zurück in den offenen Raum. Auch Konrad tauchte aus dem Ring auf und verschwand mit seinem Hyperantrieb.
"Los, hinterher!"
Alyson folgte dem Befehl, hatte das zumindest vor doch als sie in den Hyperraum wollte, reagierte das Schiff einfach nicht. "Ausgefallen!"
"Nicht dein ernst."
"Doch, geht nicht.", meinte Alyson nur trocken, war es ja nicht ihre Schuld.
"Xen, Jay Jay, was ist mit meinem Schiff?"Jack, der sich noch auf der Brücke befand begab sich an eins der Terminals, von welchem er den Status des Hyperraumantriebs überprüfen konnte, während Xen im Maschinenraum am Antrieb selber herum werkelte.
"Der Antrieb selbst ist okay, Captian.", kam es per Kom aus dem Maschinenraum. "Aber die Stabilisatoren Backbord reagieren nicht.", erklärte Xen James. Selbiger sank genervt in seinen Kommandostuhl zurück. "Bestimmt bei dem Zusammenstoß drauf gegangen." Damit dürfte Jack recht haben, das wusste James und auch Alyson, die ein wenige Fluchte, diesem Konrad in seine kleine Falle gegangen zu sein. "Wie lange dauert die Reparatur?"
"Wir müssen uns das erstmal ansehen.", meinte Jack und verschwand von der Brücke.
"Sublicht haben wir noch, aber der bringt uns nicht viel. Scan das System, nicht das noch mehr Überraschungen auf uns warten."
Wortlos tat Alyson was ihr Onkel von ihr verlangte. Sie fand außer dem Trümmerfeld nichts, was der Rede wert war. "Also wenn sie hier eine Basis haben, dann ist sie sehr gut getarnt, oder das war nur Ablenkung.", meinte sie zu James. "Der wollte uns hier haben, damit wir nicht wissen, wohin er ist. Hier ist nichts, außer Steine und Schrott." Im selben Moment meldete sich Xen erneut über das Kom. "Captian, die Stabilisatoren sind hinüber, und wir haben ein ordentliches Loch im Rumpf. Aber die Schotts halten. Die Reparatur dauert allerdings, Jagger und ich müssen erst den defekten ausbauen und sehen wie groß der Schaden ist, oder einen neuen Stabilisator finden, wir haben keinen Ersatz mit."
Den Frust, den James bei dieser Nachricht empfand, konnte Alyson förmlich spüren. Eine Verfolgung war damit hinfällig und somit auch das satte Kopfgeld. Zumindest fürs erste. "Wie lange wird das dauern?"
"Ich schätze einen halben Tag. Außer sie finden einen neuen Stabilisator."
Der Frust wuchs. James ließ Xen und seinen Sohn mit den Reparaturen anfangen, denn vorerst kamen sie hier nicht weg. Er gab Alyson den Befehl, zu dem Trümmerfeld zu fliegen, um sich dort umzusehen. Erhoffen tat er sich davon nichts, aber vielleicht gab es ja noch etwas, das für die Reparatur hilfreich war.
Das Trümmerfeld war größer, als es den Anschein gehabt hatte. Dutzende kleine Teile waren darin, die sich durch Ionenwinde oder ähnliche kosmische Gegebenheiten drehten oder gegeneinander stießen. Es war Yama, der von seiner Krankenstation zur Brücke gekommen war, der ein größeres Trümmerstück als Wrackteil identifizierte. Nur die Tatsache das man ein Schott erkennen konnte, ließ die Vermutung zu.
"Was besseres können wir nicht erwarten. Alyson, flieg einmal drum rum und schau mal, ob wir irgendwo da ran können."
"Ey, Captian." Alyson lenkte die Soroja geschickt um das Wrackteil, aber fand nichts wo sie das Schiff sicher hätte andocken lassen können. "Neben dem Schott ist die einzige Stelle, die genug Platz bietet für den Gleiter." James stimmte seiner Nichte zu. Er stand auf und begab sich zum kleinen Hangar, in dem die Soroja einen kleinen Gleiter mitführte.
"Lass mir das Schiff heile, solange ich da drüben schaue, was wir gebrauchen könnten.", meinte er über das Kom zu Alyson.
Der Gleiter flog vorsichtig, gesteuert von James, an das Wrackteil heran. Den Teil der Außenhülle, den sie erkennen konnten, wies das Schiff als Sol-Klasse aus. James sog merklich die Luft durch die Zähne, denn das hieß, das er hier eine richtige Antiquität vor sich hatte. Xen, der auch an Bord war, schien ebenso überrascht, über die Reaktion des Captians. "James, was ist so besonderes an dem Ding?"
"Das stammt noch von der Erde.", meinte der Captian ehrfürchtig. "Und wie es ausschaut ist es uralt. Mindestens 130 Jahre. Das hat den Krieg noch nicht einmal miterlebt."
Mit Neugierde steuerte James den Gleiter näher an das Wrackteil heran, auf der Suche nach einer genaueren Schiffsbezeichnung. Doch auch nach knapp einer Viertelstunde wurde er nicht fündig, so das er seine Aufmerksamkeit dem Schott widmete.
Das Schott selber war zu massiv, als das sie sich hindurch schneiden hätten können. Aber die Wand achtern vom Gleiter bot genug Platz, damit sie die kleine Luft- und Arbeitsschleuse auf die Wand drücken konnten. Xen setzte den Helm seines Schutzanzuges auf und machte sich an die Arbeit. Zuerst fuhr er die Schleuse aus, verankerte sie an der Wand und stieg in selbige. Xen schnappte sich den Plasmabrenner und fing an, ein Loch in das Wrackteil zu schneiden. Kaum das er das erste Loch in der Wand hatte, merkte Xen wie die der Druck aus der Schleuse entwich, während er sich am Gleiter festhielt. "Gott, das hat mir einen Schrecken eingejagt.", hörte Xen seinen Capitan über Kom sagen, der den Druckausgleich bemerkt hatte. Nachdem sich der Druck endlich angeglichen hat, schnitt Xen weiter. Nach einigen Minuten war er durch und der Teil der Wand kippte einfach mit lautem Krachen nach innen. "Ich bin durch. Wir können rein."
"Gut, ich komme.", meinte James und setzte auch seinen Helm auf. Zusammen begaben sie sich in das Innere des Wrackteils, was stock finster war. Licht kam nur von der Schleuse und den Taschenlampen, die Xen und James bei sich hatten. Das erste was James erkannte, war ein großer Träger, der quer von der Decke hing. Gefahr das er herabfiel bestand nicht, fehlte doch die Schwerkraft. Ein Becher stand einfach in der Luft, als wenn ihn dort jemand abgestellt hätte. Rechts vom Schott befanden sich einige Kontrollpulte, aber allesamt mangels Energie ohne Funktion. Die Lichtkegel der Taschenlampen glitten durch den Raum, und fanden neben den Kontrollpulten Staekapseln. Erneut war James überrascht. "Sowas kenne ich nur von den Erzählungen meines Vaters. Solch alte Kapseln hab ich noch nie gesehen, nur die neueren Modelle." Xen schaute ihn fragend an, aber sein Blick fiel dann auf etwas anderes. "Captian, hinter dir." James drehte sich um und es verschlug ihm fast die Sprache. Hinter ihm war noch eine Stasekapsel. Eigentlich keine große Überraschung, doch das rechts an der Kapsel ein kleines rotes Lämpchen schwach blinkte, war dann mehr als ungewöhnlich. "Was zum Geier..." James schob sich an Xen vorbei, sein Blick fest auf die Kapsel gerichtet. Eine dicke Staubschicht hatte sich auf dem Deckel gelegt, wie überall in dem Wrackteil.
Als erstes Untersuchte er das Bedienfeld, was blinkte. Erstaunt stellte er fest, das die Kapsel noch völlig Intakt war, die Lampe zeigte an, das die interne Energiequelle blad ihren Geist aufgeben würde. "Das kann doch gar nicht...", James wischte die Staubschicht vom Deckel und traute seinen Augen nicht. Da war jemand drin. Und dieser jemand lebte noch. In der Kapsel lag eine junge Frau, nichts weiter als ihren gelben Skinsuit an, typisch für Menschen in Kryostase. James hatte davon schon gehört, früher, als die Hyperraumtechnologie noch in ihren Kinderschuhen steckte, waren diese Kapsel weit verbreitet und konnten einen Menschen theoretisch für 150 Jahre in kälteschlaf halten. Aber das jemals jemand so lange in so einer Kapsellag und das überlebte, war selbst für James etwas neues. Erneut kontrollierte James die Kontrolltafel neben der Kapsel und wischte den Staub von ihr. Er erkannte die Vitalwerte, die angezeigt wurden und nach denen zu urteilen, war sie noch am Leben und bei bester Gesundheit.
"Das...das ist unmöglich. Xen, sieh dir das an."
Xen trat näher, stolperte dabei aber über irgendwas und ging zu Boden. "Verdammt, was liegt hier denn rum.", fluchte er und suchte mit der Taschenlampe nach der Ursache. Als er sie fand, wurde ihm anders. Ein Besatzungsmitglied, oder das, was davon übrig war. Erfroren. Xen sagte nichts und wollte sich grade erheben, als ein Blick auf ein altes Datenpad fiel, was neben dem Toten lag. Er hob es auf, betrachtete es kurz und beschloss es mitzunehmen.
James hatte inzwischen auch einen Entschluss gefasst. "Wir nehmen die Kapsel mit. Hilf mir mal!"
Der Plan wurde auch in die Tat umgesetzt - unter Zuhilfenahme der Soroja. In dem Lagerraum der Soroja hatte man die Kapsel untergebracht, mitsamt dem Teil der Wand, an dem sie verankert war. Inzwischen standen alle im Halbkreis um die Kapsel herum und berieten was sie nun machen sollten. Yama war derjenige, für den schon jetzt feststand, das sie die Kapsel unbedingt öffnen sollten, Xen untersuchte sie auf ihre Technik hin, hatte sich auch mit dem kleinen Bedienpult verbunden, aber dort gab es nichts weiter zu erfahren, als das was das Pult auch so schon ausgab. Alyson war sehr interessiert an dem, was da drin war. Besser gesagt wer es war und warum sie dort drin war. Jack war der erste, der eine Anspielung auf das äußere machte, was ihm einen bösen Blick von Alyson einbrachte und einen Seitenhieb von James. Der Captian selbst war skeptisch, obwohl es ja seine Idee war, sie hierrüber zu schaffen.
"Also Leute, was machen wir?"
"Rausholen. Wer weiß wie lange sie da drin noch überlebt. Und wer weiß was für Schäden sie vielleicht schon davon getragen hat. Ich hab noch niemals gehört, das jemand überhaupt so lange in einer Kapsel überlebt hat." Yama wiederholte diese Argumente bereits zum dritten mal. Jack sah das etwas anders, denn auch wenn die Frau darin sehr ansehnlich war, wie er fand, konnte man ja nie wissen, was sie sich da einfangen könnten. Vielleicht war sie krank. Zwar stand er mit seiner Meinung nicht alleine da, alle anderen wollten die Kapsel öffnen, aber solange James ihm zustimmte, reichte das schon. "Egal was wir tun, lange hält die Energiequelle der Kapsel nicht mehr. Ich geb ihr noch zwanzig Minuten, dann schaltet sie ab und die Frau stirbt.", meldete sich Xen zu Wort.
"Also gut, machen wir sie auf."
Sobald sie sich dazu entschieden hatten hatte Yama, als Arzt, das Kommando übernommen. Obwohl die Technik vor ihm uralt war und einige Tasten nicht richtig funktionierten, bekam er die Maschine dazu, die Enteisung ein zu leiten, was nach wenigen Sekunden dann automatisch von statten ging. Allerdings war der Rot über die Röhre huschende Schriftzug "Emergency Ejection" nicht so wirklich das, was man unter sanften Aufwachen verstehen würde. Die Röhre wurde mit einem gas geflutet, das die Eiskristalle, die sich an der Scheib gebildet hatten auflöste und auch die Atemmaske der Frau begann wieder Sauerstoff zu pumpen. Die vier Schläuche an ihrem Hals begannen auch zu vibrieren und die hellblaue Flüssigkeit, die aus ihr herausgepumpt wurde, wurde durch eine rote, vermutlich ihr Blut, ersetzt. Danach begann ein pulsierendes Zittern der Ganzen Röhre und bei jedem erzittern bäumte die Frau im inneren sich auf, als würde sie zwangsreanimiert.
Als man das im Herzschlag fiepende Signal bekam das sie wieder 'wach' war, wurde der Deckel schlicht abgesprengt - mit einem lauten Knall landete er an der anderen Seite des Raums. Die Frau sackte aus der Kapsel und wurde nur vor einem Fall bewahrt weil Xen beherzt zugriff. "Helft mir mal", meinte er und legte sie auf den Boden. "Wir sollten sie auf die Krankenstation bringen..."
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