
Rijok ließ sich den Vorschlag seines Mitreisenden einen Moment durch den Kopf gehen, während er in die tieforange Glut starrte. "Nein." entschied er schließlich. "Ohne Zwischenstopp könnte das Proviant knapp werden. Matsch wird in der Wüste nicht so erfolgreich jagen können wie im Wald. Ich möchte kein unnötiges Risiko eingehen." Er warf Nalim, dessen Augen noch immer auf dem lodernden Feuer ruhten, einen kurzen Seitenblick zu. "Vermisst du den Amboss?" Der Drah'Zil verzog sein Maul zu einem gequälten Lächeln. "Ich vermisse meine Bestimmung." Sein Blick verlor sich in den Tiefen der Glut, beinahe als hoffte er in ihr eine Antwort, eine Lösung, zu finden. "Wenn wir wieder in Hurt sind kannst du ja mal eine der Menschenschmieden aufsuchen." schlug Rijok vor. Nalim schnaubte nur verächtlich. "Die Schmieden der Schuppenlosen sind nicht mehr als eine erbärmliche Ansammlung von Kinderspielzeug. Die Scheiße der Nauglir ist heißer als das Feuer ihrer Hochöfen." Rijok schmunzelte. "Was würde ich drum geben zu sehen, wie du besten Darimstahl über den dampfenden Haufen der Nauglir zum glühen bringst." Nun stahl sich auch auf Nalims Gesicht ein süffisantes Grinsen, das seine schneeweißen Reißzähne entblößte und das Bedauern wich für einen Moment aus seinen Augen.
Eine angenehme Taubheit breitete sich in Rijoks Körper aus, während die Nama-Blätter langsam ihre Wirkung entfalteten. Er seufzte glückselig, während alle Anspannung schrittweise von ihm abzufallen schien. "Hast du uns was übrig gelassen?" Die beiden anderen Drah'Zil, der Krieger Arash und die Magierin Pehtia, gesellten sich zu ihnen ans Feuer und Rijok reichte beiden jeweils zwei Blätter der berauschenden Pflanze. "Alles in Ordnung mit den Nauglir?" fragte er in gewohnter Routine. "Den Biestern gehts gut." antwortete Pehtia, die von den vier Drah'zil am besten mit den Reitechsen umzugehen vermochte. "Inzwischen haben sie sich sogar an das Geschniefe des Elfenweibchens gewöhnt." Rijok schnaufte theatralisch. "Ist sie immernoch wach und am winseln?" "Sie schläft, aber Winseln tut sie trotzdem." kicherte Pehtia. "Bei meinen Schuppen, ich weiß nicht, was die Söldnermännchen an ihr finden. So ein Weibchen gebärt bestimmt keine starken Knaben." "Die Elfen wollen auch keine starken Knaben." knurrte Arash mit seiner charakteristisch tiefen und knarzenden Stimme. "Deren Männer sollen schließlich nicht kämpfen, sondern Bäume kuscheln. Wofür haben wir ihnen denn sonst die Shantiri geschenkt?" "Kein Wunder, dass sie sich so selten fortpflanzen." bemerkte Pehtia "Bei so schwachen Männchen hätte ich als Weibchen auch kein Interesse." "Ich hab mal gehört sie singen während der Fortpflanzung." kommentierte Rijok. "Angeblich steigert es die Gesundheit des Kindes." "Das soll ein Männchen mal bei mir versuchen." gluckste das Drah'Zil Weibchen. "Dann geb ich ihm aber Grund wirklich zu jaulen." Nalim stimmte in das Gelächter der Magierin mit ein während sich Rijok und Arash nur etwas betreten ansahen. Jeder von ihnen wusste, dass Pehtia vermutlich nie Eier legen würde. Zum einen waren die Eierschalen bei Infizierten wie ihr so dünn, dass mindestens die Hälfte der Echslinge die ersten Tage nicht überleben würden und zum anderen war Infizierten die Fortpflanzung vom Rat der Ältesten untersagt. Die Bruthöhlen, in denen sie die notwendige Ruhe und Nahrung bekamen, die für das Austragen der Eier notwendig war, waren für sie Tabu. "Du kannst die Elfenweibchen morgen ja mal Fragen was sie an den jaulenden Blumenschmusern so betört." schlug Rijok vor, bevor er hinzufügte: "Es ist wahrlich ein Jammer, dass wir kein Elfenmännchen haben, das uns den Brunftgesang seines Völkchens mal vortragen könnte." Nun ließ sich auch Arash vom Gelächter der beiden anstecken. "Sei doch froh darum." prustete Pehtia und spuckte dabei versehentlich eins ihrer Nama-Blätter ins Feuer. "Überleg nur, wie sehr das die armen Nauglir verstören würde, von Matsch ganz zu schweigen." Nun musste auch Rijok herzhaft lachen. Die Vorstellung wie Matsch versuchte sich einen Reim auf einen nackten, jaulenden Elfen zu machen amüsierte ihn zutiefst. "Vermutlich," scherzte Rijok mit einem schelmischen Augenzwinken, "würde er den Elfen mit einem Baum kuscheln lassen, von unten."
Sie saßen noch eine ganze Weile gemeinsam am Feuer. Wieder im Land ihres Volkes angekommen zu sein, aus dessen Mitte man sie verstoßen hatte, verstärkte nur das Gefühl der Isolation und Einsamkeit, dass sie nach gegenseitiger Gesellschaft suchen ließ. Rijok hatte gespürt wie die Anspannung seiner Leute mit jedem Kilometer, den sie näher an Tremorlor herangerückt waren, gestiegen war. Umso dankbarer war er nun für den Moment des Schalks und der Zerstreuung. Die kommenden Tage würden sie erneut mit Anfeindung, Ablehnung und Verachtung konfrontieren aber solange sie einander als Stützen hatten würden sie auch diese Widrigkeiten unbeschadet überstehen, dessen war er sich sicher.
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